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Ibn Al-Arabi - Pole der Mystik sind das Denken und die Erwähnung des Namen Gottes

Seite 5 von 5: Pole der Mystik sind das Denken und die Erwähnung des Namen Gottes

 

Pole der Mystik sind das Denken und die Erwähnung des Namen Gottes

Die beiden Pole der Mystik sind das Denken und die Erwähnung des Namen Gottes; in Gott werden die Eigenschaften und das Wesen unterschieden, von den ersten steigt der Jünger zu den zweiten und zu dem gänzlichen Vereine mit Gott empor, welches der höchste Genuss, der durch Enthüllung, Betrachtung, Läuterung, Heiligung und Verklärung erreicht wird. Die Eingebungen sind entweder aus der Seele aufsteigende oder von Oben ankommende.

Tränke mich, o Herr, mit Liebe nicht allein,
Du hast mich gelehrt, geizig nicht zu sein,
Du bist der Großmüth’ge und es schickt sich nicht,
Dass das Glas vorbei geh’ Gästen das Gesicht.
Aufgelöset ist die Trennungsnacht
Und es kam herbei Genusses Macht,
Um das Glück des Vollgenusses waren Neider,
Sie die vormals nur erschienen als Mitleider,
Da ich Euch besitze, wahrlich, schwör’ ich Euch,
Dass Vergang’nes Alles mir ist gleich;
Sieh, Du kamst, und ich war ganz entseelt,
Du erkauftest mich für wenig Geld.
Herzen sind im Stande nicht Dich zu verstehen,
Dich, von dem die Quellen alles Seins ausgehen,
Was den And’ren, sind auch mir verbot’ne Triebe,
Doch wie süß ist in dem Inn’ren Deine Liebe,
Liebe hat getränket mein Gebein,
Kann ich And’res was als Liebe sein!
Keinen wird der bitt’re Durst verzehren,
Wenn ihn süße Quellen in der Näh’ ernähren.
Ich rieche Wohlduft und ich sah im Traum’
Schleppen Dunkellippige vorbei den Saum.
Denk’ ich an Dich, bin ich ganz Auge,
Und nenn’ ich Dich, bin ich ganz Herz.

Er sagte: „[…] Deine beste Zeit ist die, in der Gott mit dir zufrieden ist. Die Sehnsucht nach der Lüftung des Schleiers, die Ruhe des Verstandes, die Betrachtung des Geheimnisses führt zur gänzlichen Vernichtung deiner selbst.“ Der Mensch löst sich in Gott auf, d.h. er verliert seine Individualität, er wird Teil des Ganzen.  Damit widerspricht Ibn Arabi der koranischen Lehre, die ein Leben nach dem Tode vorsieht und die Unsterblichkeit der Seele als Dogma ansieht. Auch verliert der Mensch gemäß der koranischen Lehre nach dem Tode seine Individualität eben nicht, vielmehr muss er sich vor Gott als Individuum verantworten und Gott entscheidet individuell. Jeder Mensch hat ein anderes Schicksal, eine andere Art der Existenz nach dem Tode. Die Auflösung der Einzelseelen in einer allumfassenden Seele steht im großen Widerspruch zur islamischen Lehre. Daher wird Ibn Arabi zwar als bedeutender arabischer Philosoph angesehen, aber weniger als islamischer Philosoph.

Nach massiver Kritik seitens der islamischen Orthodoxie, allen voran durch den bekannten al-Qazwīnī, änderte Ibn Arabi seine Meinung. Er verließ den Weg des radikalen Sufismus und versuchte von nun an die sufistische Lehre mit der islamischen Orthodoxie zu versöhnen. Jetzt kam er zu der Überzeugung, dass der Mensch nach dem Tode seine Individualität nicht verliere, vielmehr gingen einige Eigenschaften verloren. Dafür bekäme der Mensch als Gegenleistung einige göttliche Eigenschaften. Genauer betrachtet hat Ibn Arabi seine Grundhaltung nicht geändert. Denn der Mensch wird nach dem Tode Teil des Göttlichen, des Lichtes, damit verliert er sehr wohl seine Individualität. Ibn Arabi selbst war während seines Lebens bestrebt, göttliche Eigenschaften zu erlangen. Die Pilgerfahrten dienten ihm sich Gott zu nähren, einige seiner Eigenschaften zu absorbieren. Ibn Arabi sah sich selbst als Mensch mit göttlichen Eigenschaften. In den Augen der islamischen Orthodoxie war er ein Häretiker, ein Ketzer. Dennoch wurde die Auseinandersetzung mit ihm stets auf dem intellektuellen Wege ausgetragen. Ibn Arabi wurde insbesondere durch die indische Philosophie und Mystik beeinflusst. Gott war und ist die Verkörperung des Universellen, aus dieser universellen Einheit entstand die Welt, die weiterhin ein Teil Gottes ist. In der Konsequenz heißt es, dass es nur ein Wesen gibt, alles geht aus diesem Wesen hervor und alles kehrt zu ihm zurück, zu Gott. Allerdings muss man Ibn Arabi zu Gute halten, dass alle die an die Unsterblichkeit (Von Hammer-Purgstall, Literaturgeschichte der Araber von ihrem Beginne bis zum Ende des zwölften Jahrhunderts der Hidschret, Seite 429 /130) der Seele glauben, gleichzeitig auch die Unbegreiflichkeit der Vereinigung von Geist und Materie akzeptieren müssen.

Auf die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Gott und der Wissenschaft antwortete er wie folgt: „Wenn dem Gott Erkennenden gesagt würde, dass er für immer in der Welt bleiben könne, würde er nicht damit zufrieden sein. Die Stufen der Wissenschaften werden durch das Mittel (der Studien) erreicht, die Stufen der ewigen Wahrheiten nur durch die Enthüllung (Offenbarung). Deine beste Zeit ist die, wo Gott mit dir zufrieden. Die Sehnsucht nach der Lüftung des Schleiers, die Ruhe des Verstandes, die Betrachtung des Geheimnisses führt zur gänzlichen Vernichtung deiner selbst.“ Ibn Arabi ist sicherlich der wichtigste Vordenker des islamischen Sufismus. Auf der Suche nach der Gelassenheit in der „Ungelassenheit“ hat er so manche unbequeme Fragen gestellt, ohne jedoch seine islamische Identität zu verleugnen. Stets suchte er die Antworten im Islam selbst. Seine konsequente und unorthodoxe Haltung hat dazu geführt, dass der Sufismus sich innerhalb des Islam etablieren konnte. Seine Aussagen beeinflussen bis heute die Auseinandersetzung zwischen der Orthodoxie und dem Sufismus.  

Der Querdenker und Philosoph Ibn Arabi hat durch seine Thesen nicht nur die Orthodoxie herausgefordert, sondern auch die Toleranz des Islam hervorheben können. Er gehört zu den großen arabischen Philosophen, die nicht nur den arabischen Raum, sondern die gesamte Welt durch ihre Art zu denken enorm beeinflussen konnten. Ibn Arabi ist in der islamischen Welt eine umstrittene Figur, aber unbestritten sind seine Verdienste um den Sufismus. Dies allein ist Grund genug diesen Menschen in Ehren zu halten. (Von Hammer-Purgstall, Literaturgeschichte der Araber von ihrem Beginne bis zum Ende des zwölften Jahrhunderts der Hidschret, Seite 260 /131).

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