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Ibn Al-Arabi - Wer war Ibn Arabi?

Seite 2 von 5: Wer war Ibn Arabi?

Wer war Ibn Arabi? 

Warum gehörte er zu den wichtigsten islamischen (Abdelwahab Meddeb, Ibn Arabis Grab, Wunderhorn Verlag, Heidelberg, 2004, Seite 79 /124) Philosophen, obwohl nicht wenige ihm vorwerfen das islamische Fundament, Tauhid (die Einheit Gottes) in Frage gestellt zu haben?

Die Antwort liegt im Wesen des Islam, in seiner Gütigkeit und seiner Art zu verzeihen. Der Islam sah sich von Anbeginn an massiven Angriffen ausgesetzt. Trotzdem hat es keine Inquisitionen oder Hexenverfolgungen im Islam gegeben, sehr wohl aber intellektuelle Auseinandersetzungen. Daher verwundert es keinen, dass Ibn Arabi als großer Philosoph bezeichnet wird. Die Annahme, dass Ibn Arabi den monotheistischen Grundgedanken des Islam versucht habe zu zerstören und somit zum Untergang der islamischen sunnitischen Orthodoxie beigetragen habe, ist nicht zutreffend.

Auch wenn Ibn Arabi von den Sufis für ihre geistige Haltung vereinnahmt wird, so war Ibn Arabi ganz sicher kein entrückter Mystiker, sondern vielmehr ein suchender und ordnender Philosoph, der sich bemühte, die explosionsartig neu entstandenen Ideen zu systematisieren. Er verfasste unzählige Werke, wobei die al-Futuhat- Makkiyah (Mekkanische Offenbarungen) und Fusus Al-Hikam (Ringsteine der göttlichen Weisheit) zu den bedeutendsten seiner Werke gehören. Al-Futuhat al-makkiyah, sein Hauptwerk, brachte ihn in große Schwierigkeiten, weil er behauptete, dass Gott ihn über den Engel Gabriel diese Botschaft habe zukommen lassen, ähnlich wie beim Propheten Mohammed. Die Fusus al-Hikam seien durch prophetische Inspiration entstanden.

Bei aller Wertschätzung für den großen Meister des Sufismus, aber an die göttliche Offenbarung könne er mit seinen Werken, so bedeutend und umfangreich sie auch sein mögen, nicht mithalten. Zumal solche Aussagen im Islam als Blasphemie gelten. Seine Werke enthalten bzw. wurden vom Neoplatonismus sowie auch von der Hermaneutik und vom Gnostizismus stark beeinflusst. Seine Hauptthese ist für die islamische Lehre eine reine Provokation, wenn er behauptet, dass in der Erkenntnis der Liebe, das Erkennen des Göttlichen liege bzw. das Liebe und Gott identisch seien. Gott sei für die Existenz der Menschen notwendig, gleichzeitig seien die Menschen für Gott notwendig, damit er sich selbst erkenne. Es bestünde demnach eine gegenseitige Abhängigkeit zwischen Schöpfer und Schöpfung. Konsekutiv sei Gott nicht allmächtig. Er könne nicht tun und lassen, was er wolle. Die Existenz Gottes definierte er durch das Erkennen desselben im Herzen. Durch das Erkennen der Liebe im eigenen Herzen, erschaffe der Mensch Gott. Ich liebe, also existiere ich. Im Umkehrschluss heißt es dann, ich kenne ihn nicht, ich liebe ihn nicht, ergro existiert er nicht.

Es geht also gar nicht mehr um Gott, denn die göttliche Existenz ist lediglich ein Rollentausch des Menschen. Der Mensch ist Mensch und Gott zugleich. Schöpfer und Schöpfung sind zwei Seiten derselben Medaille. Wenn der (Al-Arabi *1165, Seite 125 /40) Mensch nicht will, dass Gott existiert, dann existiert er nicht. Die Einheit Gottes, Tauhid, hat in der Philosophie des Ibn Arabi eine gänzlich andere Bedeutung, nämlich die Einheit der Seele. Anders ausgedrückt, die Einheit von Mensch und Gott.

Eine ähnliche Annahme finden wir beim Apostel Johannes, der eine Versöhnung zwischen der christlichen Lehre und der christlichen Mystik anstrebte, indem er die These aufstellte, dass Jesus eine Vereinigung zwischen Gott und dem Menschen darstelle. Genauer gesagt Gott sei die Summe der liebenden Menschen. Genau hier verlässt Ibn Arabi das strenge monotheistische Dogma des Islam und deutet pantheistische Denkweisen an. Ähnlich wie Augustinus ist Gott für Ibn Arabi „Objekt und Subjekt zugleich. Gott ist die Vernunft, die im Erkennen ihrer selbst lebt, d.h. im Erkennen seiner selbst sich selbst in sich selbst erkennt.“

Daher bleibt Ibn Arabi trotz seiner zahlreichen Werke und seines Einflusses auf die islamische Philosophie eine umstrittene Figur innerhalb der islamischen Intelligenzia. Zudem widerspricht er sich in dem er zum Ausdruck bringt, dass die aktuelle Existenz des Menschen nicht mit Gott identisch sei, weil der Mensch die Grenzen des Rationalen nicht durchbrechen könne, wohl wenn er in seiner Rolle als Gott schlüpfe. Dann sehe Gott sich selbst durch sich selbst. Alle anderen könnten ihn nicht sehen. Gott habe demnach den Menschen erschaffen, um sich zu erkennen, sowie ein Borderliner sich verletzten muss, um sich zu spüren. Gott sei somit gewöhnlich, weil er über die Menschen seine Sehnsucht und seine Gelüste befriedigt. Durch die Vielfalt der Menschen sei auch die Summe seiner Wahrnehmung unermesslich.

Rollentausch, um Ibn Arabi gerecht zu werden
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