Zum Hauptinhalt springen

Orientalismus als Spiegel der Macht - Der deutsche Blick auf den Orient - Kurze Porträts

Seite 3 von 3: Kurze Porträts

Theodor Nöldeke (1836-1930)

Begründer der modernen Koranphilologie. Sein Werk „Geschichte des Qorâns“ gilt bis heute als Standard. Nöldeke betrachtete den Koran als literarischen Text - und verlor dabei oft den religiösen Kontext aus dem Blick. Dennoch: Ohne ihn keine islamwissenschaftliche Methodologie in Europa.

Carl Brockelmann (1868-1956)

Ein „Bibliothekar des Orients“. Sein monumentales Werk „Geschichte der arabischen Litteratur“ katalogisiert tausende arabische Texte. Brockelmann war kein Theoretiker - aber seine Arbeit war Grundlage für Generationen von Forschern.

Annemarie Schimmel (1922-2003)

Eine Ausnahmepersönlichkeit. Schimmel war nicht nur Orientalistin, sondern auch Dichterin und Sufi-Schülerin. Ihre Werke über islamische Mystik („Mystische Dimensionen des Islam“) wurden zu Brücken zwischen Welten. In der muslimischen Welt wurde sie bewundert - in Deutschland lange unterschätzt.

Joseph van Ess (1934-2021)

Ein stiller Gigant der Islamwissenschaft. Van Ess erforschte die Theologie der frühen Muslime mit philologischer Präzision und einem fast unheimlichen Detailwissen. Sein Werk über die Muʿtazila umfasst fünf Bände - ein Monument der deutschen Wissenschaft.

Fritz Steppat (1923-2006)

Er arbeitete an der Schnittstelle von Islamwissenschaft und Soziologie. Seine Analysen des modernen Islam, besonders des politischen Islams in Ägypten, gelten als Vorboten einer empirisch informierten Islamforschung.

Rudi Paret (1901-1983)

Verfasser einer der meistgelesenen deutschen Koranübersetzungen. Paret wollte einen „objektiven“ Zugang zum Text - doch seine Distanz zum religiösen Gehalt des Koran wurde in der islamischen Welt teils scharf kritisiert.

Edward Said in Deutschland - ein schwieriges Erbe

Edward Saids „Orientalism“ erschien 1978 - doch im deutschsprachigen Raum brauchte es fast zwei Jahrzehnte, bis seine Thesen auf breite Resonanz stießen. Der Vorwurf: Viele deutsche Orientalisten fühlten sich zu Unrecht „kolonial“ genannt - schließlich hatte Deutschland keine Kolonien im Nahen Osten.

Zurück zu Beitragsanfang
Seite