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Die verpasste Geschichte: Vom Chaos zur Hoffnung?

La dernière guerre du soldat inconnu (Der letzte Krieg des unbekannten Soldaten) ist ein scharfes Plädoyer gegen Diktatur und Militarismus. Diese Anklage richtet sich nicht nur gegen arabische Staaten, die hinterherhinken, sondern gegen alle Diktaturen dieser Welt - und davon gibt es mehr als genug.

Getarnter Soldat, Foto: Anastase Maragos auf unsplash

Abdelhak NajibIn meinem Roman "La dernière guerre du soldat inconnu" überzeichne ich bewusst die paranoiden Strukturen einiger arabischer Staaten, die in jeder Ecke Revolutionäre sehen und ihre Bevölkerung unter die Walze der Repression zwingen wollen. Andere Autoren haben ebenfalls diesen „arabischen Wahnsinn“ und die Flüche des schwarzen Goldes beschrieben - so etwa der brillante Abdul Rahman Mounif, der zauberhafte Albert Cossery oder der universelle Ibrahim Al Koni.“, so Abdelhak Najib. Siehe auch „Le printemps des feuilles qui tombent“.

Abdelhak Najib thematisiert die „Blindheit“ arabischer Staaten, die unfähig sind, aus der Geschichte zu lernen. Diese Staaten verfallen einer falschen Modernität, verharren in verkrusteten Archaismen und leiden unter Korruption, Misswirtschaft, Repression, Militarismus und Tyrannei. Trotz enormer Einnahmen aus Öl und Gas, die jährlich in Milliardenhöhe fließen, kämpfen viele dieser Länder mit Unterentwicklung und einer Bevölkerung, die lieber flieht, als dort zu bleiben. Der Autor führt Libyen als Beispiel an, das - obwohl reich an natürlichen Ressourcen - sowohl unter Gaddafis Diktatur als auch nach seinem Sturz im völligen Chaos versinkt.

Najib betrachtet auch die internationale Dimension dieser Krise. Er prangert die Passivität der arabischen Staaten während der israelischen Angriffe auf Gaza an. Diese Staaten, argumentiert er, tragen eine Mitschuld an der schleichenden Auflösung des palästinensischen Staates und illustrieren damit die allgemeine Verantwortungslosigkeit in der arabischen Welt.

Najibs Roman ist nicht nur eine Anklage gegen die arabische Welt, sondern richtet sich gegen alle Formen der Diktatur und des Militarismus weltweit. Der Autor kritisiert die Instrumentalisierung von Religion, die systematische Repression von Bevölkerungen und die Ignoranz gegenüber den Menschenrechten.

Sein Ziel ist es, das Bewusstsein für die Notwendigkeit eines fundamentalen Wandels in der arabischen Welt zu schärfen. Najib fordert eine wahre Modernisierung, die sich auf soziale Gerechtigkeit, den Kampf gegen Armut und die Förderung von Demokratie und kulturellem Fortschritt stützt. Die bisherigen Versäumnisse, warnt er, könnten fatal für die Zukunft dieser Länder sein.

Über Kritik am eigenen Land

Auf die Frage, ob er den Zustand anderer arabischer Staaten kritisiere, ohne Marokkos eigene Probleme anzuerkennen, verweist Najib auf seine zahlreichen Werke, die die Missstände in Marokko analysieren. Gleichzeitig hebt er hervor, dass Marokko in den letzten 20 Jahren unter der Führung Mohammeds VI. beeindruckende Fortschritte gemacht habe, die es von anderen arabischen Staaten abheben. Er verteidigt Marokko gegen ausländische Kritik und erklärt, dass er sein Land niemals für äußere Interessen kompromittieren würde.

Kurze Zusammenfassung des Romans

Die Geschichte beginnt mit einer scheinbar harmlosen Geste: Larbi (steht symbolisch für das Wort „Araber“) stellt ein Holzbein vor sein Haus, um einem gefallenen Kameraden zu gedenken. Doch die paranoiden Machthaber interpretieren dies als Aufruf zum Widerstand und stürzen Larbi und seine Familie in einen Strudel repressiver Willkür.

Der Roman entfaltet sich als kaleidoskopische Mischung aus sarkastischer Tragikomödie, düsterer Spionagegeschichte und surrealem Fiebertraum. Najib seziert dabei mit schneidender Ironie die Widersprüche und das Elend autokratischer Regime, die von der Angst vor revolutionären Geistern und dem Fluch des Öls beherrscht werden. Die paranoiden Generäle mit sprechenden Namen wie „Sghir“ und „Zizi“ sowie die grotesken Machtspiele ihrer Apparate bilden das düstere Bühnenbild, vor dem die absurde Tragik des Soldaten Larbi und seiner Mitstreiter spielt.

Besonders beeindruckend ist die Reflexion über Freiheit und Menschlichkeit, die Najib durch seine Figuren - insbesondere Larbis Kameraden Allal - einflicht. Sie propagieren die Idee, dass Irrwege und Fehler notwendige Schritte auf dem Weg zur Erkenntnis und zum wahren Selbst sind. Dies verleiht dem Roman trotz seiner Bitterkeit eine tief humanistische Dimension.

Mit bissigem Humor und präziser Sprache liefert Najib eine Anklage gegen Militarismus, Tyrannei und die Instrumentalisierung von Religion und Ressentiments. Der Roman appelliert an das Erwachen der unterdrückten Gesellschaften und warnt vor dem fatalen Preis, wenn diese historische Chance verpasst wird. „La dernière guerre du soldat inconnu“ ist somit nicht nur eine scharfzüngige Gesellschaftskritik, sondern auch ein Aufruf zu einer neuen Ära der Selbstbestimmung und Freiheit.

Über Abdelhak Najib*
Übersetzung aus dem Französischen