Das Kissen in der Mitte - Wenn Erzählen Wurzeln schlägt
Zwischen dem Steinboden eines marokkanischen Innenhofs und dem schlichten Kreis eines Raumes fern der Heimat entspinnt sich die Geschichte eines jungen Mannes, der einst das Erzählen mit der Stimme seiner Großmutter aufsog - und der es, fernab seiner Herkunft, wieder zum Klingen bringt.

Worte, die man einander anvertraut, formen ein Zuhause, das niemand erklären muss.
Die folgende Geschichte beschreibt den Weg von Mustafa, eines jungen Mannes aus Marokko, der seine Kindheit in den Gassen von Taroudant verbringt - umgeben von Worten, Gerüchen, Stimmen und Dingen, die mehr erzählen, als zeigen.
Als er Jahre später nach Deutschland ging, nahm er nichts mit, das schwer wog. Er nahm aber etwas mit, das in keine Schublade passt: ein Kissen, das weder schön, noch aus feinem Stoff gewebt war. Es war aber nicht irgendein Kissen. Es war ein Speicher für Träume, für Geschichten, für Stimmen, die zu Hause blieben, als er fortging.
Mustafa verlor den Faden der Geschichten, als er Taroudant verließ, denn das Teilen, schien zunächst kein Platz in der neuen Sprache zu geben:. „…“
In einem Kellerraum in Düsseldorf wird nicht erklärt, sondern erzählt. Menschen kommen zusammen. Sie sitzen im Kreis um ein Kissen herum. Aus ihren Sätzen wachsen Geschichten, die nichts beweisen wollen. Es sind persönliche, ungeschönte, manchmal zögerliche Geschichten, jedoch echte.
Die Geschicht, die Mounir Lougmani erzählt ist leise: Sie klagt nicht an. In ihrer Zurückhaltung liegt eine Kraft, die verbindet. Denn in dem Moment, in dem jemand zu erzählen beginnt, geschieht etwas, das sich kaum in Begriffe fassen lässt: Man wird sichtbar. Und man macht sich verletzlich. Wer zuhört, betritt diesen Raum nicht als Zuschauer, sondern als Mittragender.
Diese Erzählung ist keine Fallstudie über Migration, kein kulturwissenschaftlicher Essay. Sie ist eine Erinnerung - und vielleicht eine Möglichkeit zu spüren, dass Heimat nicht immer ein Ort ist, sondern ein Moment, in dem man gehört wird. Vielleicht ist es am Ende genau das: ein Kissen in der Mitte, eine Hand, die den Mantel aufnimmt, und ein Satz, der bleibt.
Was diese Erzählung besonders macht, ist ihre Form: Sie trägt keinen erhobenen Zeigefinger, kein politisches Manifest, keine Theatralik. Stattdessen fließt sie wie ein Gespräch - achtsam, leise, mit Pausen. Sie richtet sich an Leserinnen und Leser, die bereit sind, sich berühren zu lassen, ohne dass jedes Symbol erklärt wird. Denn manchmal ist ein Kissen nicht nur ein Kissen. Und manchmal genügt eine Geschichte, um jemanden wieder in Bewegung zu setzen, der längst zum Stillstand gekommen war.
... und ein Mantel, der erinnert
Zurück auf Beitragsanfang

Wenn sich am Abend die Gassen des alten Viertels Hassane, in Taroudant, in Stille hüllten, hatte man das Gefühl, die Zeit selbst würde langsamer laufen. In den Häusern war es kühl, obwohl die Wärme des Tages noch in den Wänden steckte, und draußen schwebte ein Geruch aus Tee, staubigem Leder und altem Holz. Für Mustafa, der bei seiner Großmutter Halima aufwuchs, war dieser Ort weit mehr als ein Viertel am Rand der Stadt - er war ein Gedächtnis, lebendig, atmend, gefüllt mit Stimmen und Blicken, die niemand je zu Papier gebracht hatte.
Das Haus seiner Großmutter war klein, bescheiden, nicht anders als die anderen Häuser der Nachbarschaft. Und doch unterschied es sich in allem: Die niedrige Türschwelle zwang jeden Besucher zur Achtsamkeit, die Wände waren voll winziger Risse, in denen man ganze Geschichten zu vermuten glaubte, und auf den alten Kissen ruhten Generationen müder Körper und wacher Gedanken. In diesem Haus wurde nicht bloß gelebt - hier wurde erinnert, weitergegeben, bewahrt.
Mustafa war noch ein Kind, als er begriff, dass Geschichten mehr bedeuten konnten als Ablenkung. Sie waren nicht nur Zeitvertreib, sie waren Schlüssel. Wenn seine Großmutter am Abend das Licht dimmte, das Kissen zurechtrückte und sagte: „Hör gut zu, ich erzähle dir etwas, das älter ist als wir alle“, dann begann für ihn eine Reise. Keine Reise mit Landkarte und Koffer, sondern eine Reise nach innen, zu Stimmen, die lange geschwiegen hatten und jetzt, durch den Mund einer alten Frau, zu leben begannen.
In diesen Momenten veränderte sich der Raum. Die Wände wurden durchlässig, das kleine Fenster zum Himmel weitete sich, und die Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit verlor ihre Bedeutung. Für Mustafa war das Zuhören wie das Öffnen eines verschlossenen Zimmers im eigenen Kopf. Mit jeder Geschichte wurde er ein wenig mehr zu dem, der er werden sollte.
Das Kissen und der Entschluss
Seine Onkel, die aus Tiznit stammten, waren fahrende Erzähler. Wenn sie nach Hassane kamen, trugen sie nicht nur staubige Taschen mit sich, sondern Rhythmen, Klänge, alte Redewendungen, die wie Musikinstrumente klangen. Ihre Auftritte in den Gassen hatten etwas von einer Prozession: Stimmen, die den Raum erfüllten, Hände, die Gesten formten, Augen, die wie Laternen glühten. Sie begannen nie einfach so zu erzählen. Sie stimmten die Menschen ein, als würde man ein Instrument vorbereiten, bevor man den ersten Ton spielt. Und wenn sie schließlich sagten: „Es war einmal, vor langer Zeit…“, wurde die Gasse still, der Wind hielt den Atem an, und die Nacht hörte zu.
Mustafa verstand früh, dass Geschichten nicht erfunden waren. Sie waren gespürt, gesammelt, getragen. In ihnen lebten Erfahrungen, Ängste, Hoffnungen, die selbst die besten Bücher nicht fassen konnten. Für ihn war das Zuhören kein passiver Akt. Es war eine Form von Teilnahme, von Einverleibung, von tiefem innerem Lernen.
Das vielleicht unscheinbarste, aber bedeutungsvollste Objekt in diesem Haus war ein altes, vom Gebrauch gezeichnetes Kissen. Es hatte keinen besonderen Schmuck, war aus einfachem Stoff, aber es war das Kissen, auf dem Halima erzählte, und das Mustafa Jahre später begleiten sollte.
Als Mustafa sich schließlich entschloss, nach Deutschland zu gehen, nahm er nicht nur seine Unterlagen und Kleidungsstücke mit. Er nahm auch dieses Kissen. Nicht aus Sentimentalität, sondern aus einem Gefühl heraus, dass darin etwas war, das ihn selbst bewahrte. Etwas, das zwischen zwei Kulturen nicht verloren gehen durfte. Er reiste mit der festen Absicht, Ingenieur zu werden - und mit der stillen Hoffnung, das Erzählen nicht zu verlieren. Denn in einer Welt aus Berechnungen, Logik und Systemen schien das Wort manchmal der letzte Ort, an dem Menschen noch wirklich zueinander fanden.
Fremd wie eine Sprache ohne Zwischenräume
Deutschland war kühler. Die Straßen waren sauber, die Gebäude geordnet, die Blicke zurückhaltend. Alles funktionierte. Für Mustafa war die Ankunft eher erfreulich, auch wenn die Geräusche, die er kannte - Stimmen aus der Gasse, das vertraute Klirren von Teegläsern, das Lachen über drei Häuser hinweg - fehlten. Hier sprach man nur, wenn es nötig war. Und was nicht nötig war, blieb ungesagt.
Er bezog ein Zimmer im Studentenwohnheim. Es war klein, weiß, funktional. Er stellte seine wenigen Dinge ab, legte das Kissen unter das Bett und vergaß es - nicht absichtlich, aber wie man etwas ablegt, das in dieser neuen Welt keinen Platz zu haben scheint.
Die ersten Monate an der Universität verliefen gut. Mustafa verstand die Inhalte, konnte folgen, rechnen und analysieren. Eines Abends fragte sich Mustafa, ob auch hier wandernde Geschichtenerzähler gibt. Doch wer hört hier zu? Er zog das Kissen unter dem Bett hervor, legte es auf den Boden und setzte sich darauf „…“Und da war es wieder: das Gefühl im Innersten, das nie wirklich verstummt war. Er begann, Notizen zu machen. Keine Geschichten. Nur Fragmente. Wörter. Es war nicht viel, aber es war der Anfang einer Rückkehr zu sich selbst.
Die Stimme im Anderen
Lorena begegnete ihm in einer Bibliothek. Sie las Volksmärchen, nicht um sie zu analysieren, sondern weil sie nach etwas suchte, das sich nicht in Gliederungen fassen ließ. Ihre Haare leuchteten in hellem Braun, ihre Stimme war ruhig und bestimmt. Mustafa grüßte sie, und ihr Lächeln war, als kenne sie ihn schon lange. „…“ Sie begannen, sich gelegentlich zu begegnen. Erst im Vorbeigehen, dann beim Kaffeeautomaten, schließlich auf einer Bank am Rhein.
Eines Tages brachte Mustafa das Kissen mit in die Bibliothek. Lorena fragte nicht, aber sie sah es an, als hätte sie es schon einmal gesehen - irgendwo zwischen den Zeilen eines Buches oder in der Erinnerung an etwas. Schließlich sagte sie: „Dinge, die Geschichten tragen, verändern sich nicht. Aber wir verändern uns durch sie.“
Dann wurden ihre Begegnungen regelmäßiger. Sie begannen, sich Geschichten zu erzählen. Keine vollständigen, keine klassischen. Nur Bilder, Fragmente, Stimmen. Mustafa sprach von einem Mann namens Moha, der ein Kissen besaß, das nur dann Trost spendete, wenn der, der darauf ruhte, nicht weglaufen wollte. Lorena erzählte von einem Jäger, der in einem Wald wanderte, in dem man seine eigene Stimme nur dann hörte, wenn man aufhörte zu sprechen.
Sie erkannten, dass ihre Figuren aus demselben Stoff gemacht waren und sich einander ergänzten. Und vielleicht war es genau das, was ihnen fehlte: eine Sprache, die nicht übersetzt, sondern geteilt wurde.
Die Brücke der Geschichte

Die Idee zur „Brücke der Geschichte“ entstand aus Gesprächen, Notizen auf Servietten, Zeichnungen auf Papierfetzen. Es war Lorena, die eines Tages sagte: „Vielleicht brauchen wir nicht mehr als ein Kissen und eine leere Mitte, in der die Worte landen dürfen.“ Mustafa nickte. Und aus diesem Nicken entstand ein Raum, in dem man zu erzählen begann - nicht, weil man etwas zu sagen hatte, sondern weil man etwas nicht mehr für sich behalten konnte.
Sie mieteten einen kleinen Raum am Rande der Stadt. Ein leerer Keller, weiß gestrichen, mit einer nackten Glühbirne und einem gekippten Fenster. Sie legten das Kissen in die Mitte. Kein Podest, kein Stuhlkreis. Nur das Kissen.
Die ersten Besucher waren zaghaft, unter anderen ein Student, der aus Syrien stammte, eine junge Frau aus Polen, die nie sprach, ohne dass jemand sie korrigierte, ein Mann mittleren Alters, dessen Eltern aus Ghana stammten, der aber immer gefragt wurde, wo er „wirklich herkomme“. Keiner von ihnen erzählte sofort. Doch sie blieben. Und irgendwann, zwischen Tee und Pausen, kam ein Satz, ein Bild, ein Laut. Und manchmal war genau das der Anfang einer Geschichte.
In einer dieser frühen Runden, als das Licht flach durch das Fenster fiel und der Raum nach Minztee roch, fragte ein Gast mit einem Grinsen in der Stimme: „Sag mal, Mustafa - wie kommt ein Ingenieur auf die Idee, Geschichten zu erzählen? Du arbeitest doch eigentlich mit Zahlen, nicht mit Kissen.“ Ein leises Lachen ging durch den Raum.
Mustafa lächelte „Ich hatte eine Großmutter und Onkel, die jedem in ihren Bann ziehen konnten, wenn sie anfingen, Geschichten zu erzählen. Irgendwann merkte ich - selbst die präziseste Zeichnung reicht nicht, wenn man nicht weiß, was zwischen den Linien steht.“
Lorena und Mustafa erzählten nie als Erste. Sie hörten zunächst zu. Und wenn sie sprachen, dann nicht in Rollen oder Thesen. Sie brachten ihre Figuren mit - Khudra, das Mädchen, das erst zu gehen begann, als ihr jemand glaubte. Moha, der nicht nach Antworten suchte, sondern nach Räumen, in denen die Stille nicht schmerzte. Und ein Mantel, der nicht getragen wurde, um zu wärmen, sondern um zu erinnern.
Mit der Zeit wurde aus dem Keller ein Raum des Wiederersehens. Das Kissen wurde zum „Mittelpunkt“. Die „Brücke der Geschichte“ war kein Theater. Und doch wurde hier mehr gespielt als anderswo - weil nichts erfunden war. Alles war erlebt, getragen, verwandelt.
Zwischen Bühne und Erwartung
Mit jeder Aufführung wurde die Brücke sichtbarer - aber auch angreifbarer. Was als leiser Raum des Teilens begann, wurde bald eingeladen: in Schulen, auf Fachtagungen, in Kulturhäuser. Die Nachfrage wuchs, die Anfragen wurden professioneller, das Publikum größer. Und mit ihm wuchsen auch die Vorstellungen davon, was dieses Erzählen leisten sollte.
In einer Berliner Schule hatte ein engagiertes Lehrteam aus dem Stück ein Arbeitsblatt gemacht. „Erzählt in fünf Sätzen, warum Khudra ein Symbol für weibliche Selbstbestimmung ist.“ Mustafa sah die Kinder. Viele schrieben nichts. Ein Mädchen malte das Kissen. Ein Junge starrte aus dem Fenster. Lorena fragte schließlich leise: „Und wenn Khudra einfach jemand ist, den man nicht versteht - aber trotzdem begleitet?“ In dieser Stunde wurde kaum etwas „gelernt“. Aber beim Hinausgehen sagte ein Junge: „Ich hab’ das Gefühl, Khudra wohnt auch in unserer Wohnung. Sie hat nur einen anderen Namen.“
An einem anderen Tag, nach einer Aufführung in einem Kulturzentrum, saßen Mustafa und Lorena - erschöpft - in der Garderobe. Ein Lehrer hatte ihnen gerade erklärt, wie hilfreich das Stück sei, „um Migrantenkindern endlich zu zeigen, wie wertvoll ihre Kultur sein kann, wenn man sie europäisch lesbar macht“. Darauf antwortete Lorena: „Wir erzählen nicht, damit man versteht, sondern damit man zuhört“
Mustafa blickte auf das Kissen, das zwischen ihnen lag. Es war leicht zerknittert, etwas abgewetzt. Und er verstand: Lorena war keine Vermittlerin. Sie war eine zweite Stimme. Nicht erklärend, sondern erinnernd. Sie war mittendrin.
Auch das Kissen hatte sich verändert. Es war nicht mehr so glatt wie früher. Die Stickerei war an einigen Stellen ausgedünnt, ein winziger Riss hatte sich entlang der Naht gezogen. Und doch - es war weicher geworden. Wie etwas, das nicht mehr nur gehalten, sondern getragen worden war. Auch der Mantel, einst grün wie dichter Wald, hatte mit der Zeit seinen Glanz verloren. Sonnenlicht und Reisen hatten ihn ausgebleicht. Doch nie war er leer gewesen. Er war zu einem Ort für Geschichte geworden.
Reise zum Ursprung
Nicht Heimweh trieb ihn. Vielmehr ein leises Ziehen, eine Ahnung, dass dort, wo das Erzählen begann. Er wollte mit Lorena dorthin reisen, wo das Erzählen für ihn begann, um etwas zu öffnen, das längst darauf wartete, geteilt zu werden.
Sie reisten nach Taroudant, mit wenig Gepäck. Das Kissen und den Mantel trugen sie in einer einfachen Tasche. Es war Frühling, die Luft trug noch den Geruch des letzten Regens. Als sie die Straße in das Viertel Hassane hinabgingen, schien die Zeit plötzlich anders zu verlaufen.
Das Haus von Halima stand leer. Die alte Frau war gestorben, während Mustafa in Europa unterwegs war. Doch die Nachbarn hatten den Schlüssel aufbewahrt. In diesem Viertel wusste man, dass Häuser nicht nur aus Stein bestehen, sondern auch aus Stimmen, die wiederkehren.
Der Innenhof war etwas verwittert, aber nicht verfallen. Der Brunnen funktionierte noch. Die Wände standen unverändert, ihre Spalten verwoben Licht und Erinnerung, als hätten sie nie aufgehört zuzuhören. Mustafa legte das Kissen auf den Boden. Lorena legte den Mantel über einen Stuhl. Und für einen Moment war alles fast wie damals.
Sie bereiteten eine Aufführung vor, nicht groß, nicht angekündigt. Kein Plakat, keine Einladung. Nur ein Zelt aus Tüchern, ein Kissen in der Mitte, ein Kreis von Menschen, die kamen, weil sie von jemandem gehört hatten, der wieder Geschichten erzählen wollte - aber diesmal nicht allein.
Ein Kissen in der Mitte
Die Aufführung begann als sich die Stimmen von selbst senkten. Als ob der Raum wüsste, dass nun etwas Anderes spräche.
Es waren keine Figuren auf einer Bühne. Khudra war da, aber sie wurde nicht gespielt. Sie wurde erinnert. In den Stimmen der Anwesenden, in der Stille zwischen den Worten, im zögernden Lächeln einer alten Frau aus dem Viertel, die sagte: „Ich kannte ein Mädchen wie sie - aber sie war nie auf einer Bühne.“
Moha tauchte als jemand auf, der lauschte, wenn niemand sprach. Der Mantel wurde von einem Kind berührt, das fragte, ob er wärmend sei. Lorena sagte: „Er erinnert.“ Das Kind nickte, ohne alles zu verstehen - aber mit dem Gefühl, dass Verständnis nicht die Bedingung fürs Dazugehören war.
Am Ende der Geschichte wurde nicht applaudiert. Die Menschen blieben sitzen. Einige mit geschlossenen Augen. Andere mit Blicken, die etwas suchten, das nicht im Zelt lag, sondern in ihnen selbst.
Lorena und Mustafa saßen auf der Steinbank neben dem Brunnen, als die Nacht langsam hereinbrach. Die Aufführung war vorbei, aber in ihnen wirkte etwas nach - wie eine leise Stimme, die weiterspricht, wenn alle gegangen sind.
Lorena sah in den Himmel, dann zu Mustafa. „Ich glaube“, sagte sie, „man erzählt nicht, um erinnert zu werden. Man erzählt, weil man sonst nicht weitergehen kann.“ Mustafa schwieg. Dann nickte er. „Und weil jemand zuhört.“
Ein Kind kam vorbei, blieb stehen, zeigte auf das Kissen. „Wem gehört das?“ Lorena lächelte. „Es gehört dem, der zuhört“