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Ein Auftakt mit Haltung: Marokko im Spiegel der internationalen Presse

Die Eröffnung der CAN 2025 in Rabat war kein Spektakel um des Spektakels willen. Sie markierte einen Moment kontrollierter Sichtbarkeit, in dem Organisation, kulturelle Selbstsicherheit und sportlicher Anspruch ineinandergreifen.

Die Eröffnung der Coupe d'Afrique des Nations 2025 in Rabat war mehr als der Start eines Turniers. In der arabischen, afrikanischen und europäischen Presse erscheint dieser Abend als verdichteter Moment: Sport, Kultur, Organisation und politische Lesbarkeit fielen in eins. Wer genau hinsieht, erkennt keine bloße Inszenierung, sondern den bewussten Versuch, Afrika – und Marokko darin – aus einer eigenen Erzählposition heraus sichtbar zu machen. Die Kommentare sind überwiegend positiv, aber auf unterschiedliche Weise akzentuiert. Gerade diese Differenzen machen den Abend erklärungsstark.

Arabische Perspektive – Würde, Bildmacht, Erzählhoheit

In vielen arabischen Medien wird die Eröffnung nicht primär als sportlicher Akt gelesen, sondern als symbolische Geste. Die Zeremonie gilt als Ausdruck von Würde und Selbstbewusstsein: ein Gastgeber, der sich nicht rechtfertigt, sondern zeigt. Die Bildsprache – ruhig, kontrolliert, feierlich – wird als bewusster Gegenentwurf zu klischeehaften Darstellungen afrikanischer Großereignisse verstanden. Nicht das Spektakel steht im Vordergrund, sondern die Ordnung des Moments. Rabat erscheint als Bühne, die Geschichte kennt und Zukunft denkt.

Auffällig ist die Betonung der kulturellen Kontinuität. Arabische Kommentare verweisen auf Musik, Rhythmus, Choreografie und Licht als Elemente einer Erzählung, die nicht importiert wirkt. Das Turnier wird als afrikanisch-arabisches Ereignis gelesen, das sich global öffnet, ohne sich aufzulösen. Marokko erscheint hier als Vermittler: zwischen Tradition und Gegenwart, zwischen afrikanischem Raum und globaler Öffentlichkeit.

Auch der sportliche Auftakt wird in dieser Perspektive positiv, aber realistisch bewertet. Der Sieg zählt, doch wichtiger ist die Haltung. Nervosität wird nicht als Schwäche gedeutet, sondern als Zeichen von Verantwortung. Die Mannschaft trägt Erwartungen – und hält ihnen stand. In dieser Lesart ist der Abend gelungen, gerade weil er nicht makellos ist.

Afrikanische Perspektive – Aufwertung eines Kontinents

Die afrikanische Presse liest die Eröffnung stärker als kontinentales Signal. Hier geht es weniger um nationale Selbstvergewisserung als um die Frage, wie Afrika sich selbst auf der globalen Sportbühne positioniert. Die CAN 2025 wird als Beleg dafür interpretiert, dass der afrikanische Fußball organisatorisch, medial und kulturell auf Augenhöhe agiert. Die Eröffnungsfeier gilt als professionell, zeitgemäß und zugleich eigenständig.

Besonders positiv hervorgehoben wird die Verbindung von Sport und Popkultur. Internationale und afrikanische Künstler, präzise Regie, reibungslose Abläufe – all das wird als Zeichen eines gewachsenen Selbstverständnisses gelesen. Die CAN erscheint nicht mehr als Turnier mit regionaler Reichweite, sondern als global vermarktbares Ereignis, das afrikanische Stimmen in den Mittelpunkt stellt.

In vielen afrikanischen Kommentaren wird Marokko dabei nicht isoliert betrachtet, sondern als Teil eines größeren Prozesses. Das Land fungiert als Gastgeber, aber zugleich als Projektionsfläche: Wenn Marokko das kann, so der implizite Tenor, dann kann es der Kontinent. Die Eröffnung wird damit zu einem Argument gegen alte Narrative von Improvisation und Defizit. Afrika erscheint organisiert, sichtbar und selbstbewusst.

Sportlich bleibt der Blick nüchtern, aber wohlwollend. Die Qualität des Spiels, die Disziplin des Gegners, der Umgang mit Druck – all das wird als Teil eines Turniers gelesen, das sportlich ernst genommen wird. Die CAN 2025 beginnt nicht mit einem Feuerwerk, sondern mit Kontrolle. Genau darin liegt für viele afrikanische Kommentatoren ihre Stärke.

Europäische Perspektive – Professionalität und Erwartung

Die europäische Presse nähert sich der Eröffnung mit größerer Distanz, aber ebenfalls überwiegend positiv. Hier dominiert ein analytischer Ton: Wie leistungsfähig ist der Gastgeber? Hält die Organisation dem internationalen Vergleich stand? Kann Marokko den Erwartungen gerecht werden, die es selbst geweckt hat? Die Antworten fallen vielfach anerkennend aus.

Hervorgehoben werden die reibungslose Durchführung, die visuelle Qualität der Zeremonie und die internationale Ausstrahlung. Die CAN 2025 erscheint in europäischen Medien nicht mehr als „exotisches“ Turnier, sondern als etabliertes Großereignis. Marokko wird als erfahrener Gastgeber wahrgenommen, der gelernt hat, mit medialem Druck umzugehen.

Gleichzeitig ordnen europäische Kommentare den Abend in einen größeren Kontext ein. Die CAN wird als Etappe gelesen – auf dem Weg zu weiteren internationalen Veranstaltungen, insbesondere im Fußball. Diese Perspektive ist weniger emotional, dafür strategisch. Marokko erscheint als Land, das Sport bewusst als Teil seiner internationalen Positionierung nutzt. Die Eröffnung bestätigt diese Lesart: ruhig, kontrolliert, professionell.

Auch hier wird der sportliche Auftakt differenziert bewertet. Kein rauschender Beginn, aber ein solider Start. Für europäische Beobachter ist das ein positives Signal: Die Mannschaft gewinnt, ohne sich zu verlieren. Der Gastgeber bleibt Herr der Lage – auf dem Platz wie außerhalb.

Ein gemeinsamer Nenner – Kontrolle statt Überwältigung

Trotz aller Unterschiede lassen sich die drei Perspektiven auf einen gemeinsamen Kern bringen. Die Eröffnung der CAN 2025 wird nicht als Überwältigungserlebnis beschrieben, sondern als kontrollierter Akt. Genau das macht ihre Wirkung aus. Marokko versucht nicht, Erwartungen zu übertreffen, sondern sie präzise zu erfüllen. Diese Haltung zieht sich durch die Berichterstattung.

Arabische Medien lesen darin Würde, afrikanische Medien sehen Aufwertung, europäische Medien erkennen Professionalität. Das sind keine widersprüchlichen Deutungen, sondern komplementäre. Sie zeigen, dass die Eröffnung auf mehreren Ebenen funktioniert hat. Der Abend war offen genug, um unterschiedlich gelesen zu werden – und klar genug, um nicht beliebig zu wirken.

Ein positives Signal mit Tiefe

Als Kommentar lässt sich festhalten: Die CAN 2025 beginnt nicht mit einem Paukenschlag, sondern mit einem Statement. Marokko zeigt, dass es bereit ist, Gastgeber zu sein – nicht nur organisatorisch, sondern erzählerisch. Der Abend in Rabat markiert keinen Endpunkt, sondern einen Ausgangspunkt. Er sagt: Afrika braucht keine fremden Bilder mehr, um sich zu zeigen. Es kann seine eigenen setzen.

Die positive Grundhaltung der Presse ist dabei kein Zufall. Sie speist sich aus der Wahrnehmung, dass hier etwas zusammenkommt: Erfahrung, Ambition, kulturelle Selbstsicherheit. Die CAN 2025 startet nicht als Experiment, sondern als Versprechen. Und dieses Versprechen wurde – zumindest an diesem ersten Abend – eingelöst.

Zu sehen ist dies auch in der Berichterstattung des ersten marokkanischen Fernsehsenders, der in einem YouTube-Video Eindrücke aus dem Stadion Moulay Abdellah zeigt – einer Arena mit einer Kapazität von rund 70.000 Zuschauern.

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