VTC in Marokko - Zwischen Taximacht und Bürgeralternative
Casablanca, ein Montagmorgen: Hunderte Menschen warten am Straßenrand, Taxis sind Mangelware, die wenigen Fahrer winken ab oder verlangen überhöhte Preise. Doch per Smartphone-App taucht plötzlich ein VTC (Fahrzeuge mit Fahrer) auf, pünktlich, klimatisiert, mit festem Tarif. Für viele Städter ist das längst mehr als ein Komfort - es ist ein Ventil gegen den täglichen Frust.
Fahrzeuge mit Fahrer (VTC) rollen seit Jahren durch marokkanische Großstädte - ohne klares Gesetz, das ihre Tätigkeit regelt. Während andere Länder schnell auf Anbieter wie Uber reagierten, bewegt sich Marokko in einer bewusst aufrechterhaltenen Grauzone.
Diese Unschärfe verändert das Machtgefüge im Transportsektor. Die Taxi-Gewerkschaften, lange berüchtigt für ihre Streikmacht, verlieren an Schlagkraft. Denn im Ernstfall können VTC einen Teil der Nachfrage auffangen und so den Druck mindern, den ein landesweiter Stillstand bislang erzeugte.
Auch die Bürger profitieren. Während Taxis häufig wegen überhöhter Preise, verweigerter Fahrten oder schlechtem Service kritisiert werden, punkten VTC mit Transparenz, Komfort und Zuverlässigkeit. Vor allem in Casablanca, Rabat oder Marrakesch sind sie für viele zu einer willkommenen Alternative geworden.
Das Ergebnis ist ein fragiles Gleichgewicht: VTC sind präsent, decken eine reale Nachfrage, bleiben aber juristisch verletzlich. Sie bewegen sich in einem Raum der Duldung - erlaubt, solange sie nicht zur Bedrohung werden.
Die offene Regelung bleibt aus, doch genau diese Ambivalenz ist Teil des Systems: Sie hält die Taxi-Gewerkschaften in Schach, bietet den Bürgern moderne Optionen und bewahrt eine flexible Balance. VTC sind damit weit mehr als nur ein neues Transportmittel - sie sind zum stillen Gegengewicht in einem hart umkämpften Sektor geworden.