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Neue Methode gewinnt Schieferöl mit Oliven-Abwasser

Ein Team marokkanischer Forscher hat eine umweltfreundliche Methode entwickelt, um Schieferöl aus dem großen Vorkommen bei Timahdit im Mittleren Atlas zu gewinnen. Statt giftiger Chemikalien nutzen sie Abwasser aus der Olivenölproduktion - ein landwirtschaftlicher Abfall, der sonst selbst ein Umweltproblem darstellt.

Gewinnung von Schieferoel. Prinzipskizze mit Hilfe von Gemini erstellt

Mit Hilfe von erhitztem Wasser unter Druck und leicht alkalischen Bedingungen konnten sie fast 95% des in den Gesteinsschichten enthaltenen Öls herauslösen - ein deutlich höherer Wert als bei herkömmlichen Verfahren. Die im Olivenabwasser enthaltenen Stoffe wirken dabei wie natürliche Lösungsmittel und erleichtern die Gewinnung des Öls.

Die Analyse der gewonnenen Substanz zeigte, dass es sich um hochwertige aromatische Kohlenwasserstoffe handelt, die sich industriell gut weiterverwerten lassen, etwa als Zusatzstoffe für Treibstoffe oder Schmiermittel. Das Verfahren ist nicht nur effizient, sondern auch vergleichsweise günstig und umweltschonend. Es nutzt vorhandene landwirtschaftliche Abfälle sinnvoll weiter und könnte somit ein Beispiel für eine echte Kreislaufwirtschaft sein - mit Perspektiven auch für andere Länder Nordafrikas.

Eine doppelte Umweltinnovation

Das Verfahren nutzt subkritisches Wasser unter alkalischen Bedingungen bei moderaten Temperaturen und Drücken und erreicht eine Rekordausbeute von 94%. Zugleich wird ein umweltschädlicher landwirtschaftlicher Rückstand sinnvoll verwertet.

Das Ölschiefervorkommen von Timahdit enthält rund 80 Milliarden Tonnen bituminösen Schiefers, wobei die sogenannte Y-Schicht bis zu 23,9% organische Substanz aufweist. Angesichts der ökologischen Grenzen klassischer thermischer Verfahren und der Toxizität organischer Lösungsmittel setzten die Forscher auf ein ungewöhnliches Extraktionsmittel: Abwässer aus der Olivenernte. Diese sind reich an phenolischen Verbindungen (10,75 g/L) und weisen eine hohe chemische Sauerstoffnachfrage (94,15 g/L) auf - beides macht sie selbst zu einem Umweltproblem in Mittelmeerländern.

In einem Edelstahlreaktor bei 325 °C und 10 MPa konnten die Wissenschaftler nach 120 Minuten Behandlung bei einem pH-Wert von 11,5 bis zu 94,56% der organischen Substanz aus dem entcarbonatisierten Ölschiefer extrahieren. Der hohe Wirkungsgrad beruht auf der Bildung von Calcium-Polyphenol-Komplexen, die als Tenside wirken und hydrophobe Bestandteile besser löslich machen.

Sorgfältige analytische Verfahren

Die Studie stützte sich auf ein mehrstufiges Verfahren: Zunächst wurde der Schiefer mit Salzsäure vorbehandelt, um Carbonate zu entfernen. Danach erfolgte die Extraktion mit subkritischem Wasser, erhitzt in 5 °C-Schritten pro Minute. Die Rohölgewinnung erfolgte mittels Soxhlet-Extraktion mit Chloroform, die strukturelle Charakterisierung durch FT-IR-Spektroskopie (400–4000 cm⁻¹) und ¹H-NMR-Spektroskopie bei 500 MHz.

Die spektroskopischen Ergebnisse zeigten einen hohen Anteil aromatischer Strukturen (37% der Protonen im Bereich von 6,5–8 ppm), bestätigt durch FT-IR-Banden bei 1625 cm⁻¹ (C=C-Aromaten) und 3462 cm⁻¹ (phenolische Hydroxygruppen). Laut den Autoren ist das gewonnene Öl reich an aromatischen Kohlenwasserstoffen und eignet sich als Zusatzstoff für Schmiermittel oder zur Treibstoffstabilisierung.

Energieeffizienz und Kreislaufwirtschaft

Der Betriebsdruck des Verfahrens (10 MPa) liegt deutlich unter dem Niveau superkritischer Methoden (oft über 25 MPa), was die industrielle Umsetzung realistischer macht. Nach Berechnungen des Labors kann mit jeder Tonne Olivenabwasser bis zu 0,94 Tonnen Schieferöl gewonnen werden – ein Beispiel für eine Kreislaufwirtschaft, in der landwirtschaftliche Reststoffe zur energetischen Nutzung einer nationalen Ressource beitragen.

Die Forscher sehen Potenzial für eine Ausweitung des Verfahrens über Timahdit hinaus. Geplant ist die Anpassung auf andere organisch reiche Gesteinsformationen. Knftige Studien werden die katalytischen Eigenschaften von Calcium-Phenol-Komplexen im Hinblick auf Kerogen-Makromoleküle und ihre Einsatzfähigkeit in anderen nordafrikanischen Lagerstätten untersuchen.