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Marokko als Stabilitätsanker im globalen Düngemittelmarkt

Die internationalen Düngemittelmärkte befinden sich in einer Phase angespannter Erwartung, geprägt von zunehmend restriktiven regulatorischen Rahmenbedingungen. Marokko, ein führender Akteur im Bereich der Phosphatwirtschaft, nimmt dabei eine zentrale Rolle in der gegenwärtigen Neuordnung ein.

 

Phosphatabbau in Marokko. Fiktives Bild mit Hilfe von Gemini erstelltDas erfolgt vor dem Hintergrund verschärfter Einfuhrzölle der Europäischen Union auf Produkte aus Russland und Belarus sowie einer indischen Nachfrage nach Harnstoff, die kurzfristig die weltweiten Preiskonstellationen neugestalten könnte.

In einem von Angebotsverknappung und regulatorischem Druck geprägten Marktumfeld stärkt Marokko als bedeutender Phosphatproduzent seine strategische Position - trotz der zunehmenden Volatilität auf den Weltmärkten. Während die Europäische Union zusätzliche Strafzölle auf russische und belarussische Düngemittel verhängt, tritt Indien als maßgeblicher Preisgestalter im Segment des Harnstoffs auf. Angesichts der Abwesenheit chinesischer Exportmengen zeichnet sich eine anhaltende Anspannung bei verarbeiteten Düngemitteln ab.

Brüssel erhebt Strafzölle auf Düngemittel aus Russland und Belarus

Die in diesem Monat verabschiedete EU-Verordnung, die am 1. Juli in Kraft tritt, sieht neue Einfuhrzölle auf landwirtschaftliche Erzeugnisse und Düngemittel aus Russland und Belarus vor. So werden auf die meisten stickstoffbasierten Düngemittel - darunter Harnstoff, Ammoniumsulfat, Ammoniumnitrat, Calciumnitrat und Stickstofflösungen - zusätzliche Abgaben in Höhe von 40 Euro pro Tonne erhoben. Für phosphathaltige Produkte wie DAP (Diammoniumphosphat), MAP (Monoammoniumphosphat) sowie NPK (N = Stickstoff, P = Phosphor, K = Kalium) - oder NP (N = Stickstoff, Phosphor) steigt der Zuschlag auf 45 Euro je Tonne.

Diese Beträge kommen zu den bereits bestehenden Zollsätzen von 6,5% auf russische Erzeugnisse hinzu. Eine sogenannte „Beschleunigungsklausel“ sieht darüber hinaus die sofortige Anwendung weitaus höherer Strafzölle - 315 Euro bzw. 430 Euro je Tonne - vor, sofern die Importmengen bestimmte Schwellenwerte überschreiten: 2,7 Millionen Tonnen im Zeitraum 2025–2026, 1,8 Millionen Tonnen im darauffolgenden Jahr oder 900.000 Tonnen in den Jahren 2027–2028.

Indisches Ausschreibungsverfahren beeinflusst Harnstoffpreise weltweit

Das am 12. Juni geschlossene Ausschreibungsverfahren der NFL (National Fertilizers Ltd) in Indien bündelt derzeit die weltweiten Markterwartungen. Das niedrigste Gebot lag bei 399 US-Dollar pro Tonne CAF für ein Los von 299.000 Tonnen mit Anlieferung an die Westküste Indiens bis spätestens 31. Juli. Die zunehmenden geopolitischen Spannungen - insbesondere zwischen Israel und dem Iran - führten jedoch zuletzt zu einem Anstieg der Preise, was die Annahme der Gegenangebote durch NFL unsicher erscheinen lässt.

Zeitgleich wurde eine Lieferung von 30.000 Tonnen Harnstoff mit Ziel Australien zu einem Preis von 391 US-Dollar pro Tonne FOB veräußert. In Ostafrika verschob Äthiopien den Zuschlagszeitpunkt einer Ausschreibung über 250.000 Tonnen auf den 16. Juni. Der Iran wiederum verkaufte 30.000 Tonnen granulierten Harnstoffs zu einem Preis von 345,60 US-Dollar je Tonne FOB (Free On Board), was unterhalb der offiziellen Preisuntergrenze von 350 US-Dollar liegt.

China hält derweil inoffiziell Mindestpreise von 370 US-Dollar für granulierten und 360 US-Dollar für perlenden Harnstoff aufrecht, doch werden einzelne Verträge bereits unterhalb dieser Marken abgeschlossen. Die weiterhin eingeschränkte Produktionskapazität in Malaysia - bedingt durch anhaltende technische Störungen - erhöht den Druck auf die übrigen Anbieter.

Marokkanische Phosphate gewinnen an Attraktivität angesichts des chinesischen Rückzugs

Der internationale Markt für verarbeitete Phosphate verzeichnet seit sechs Monaten nahezu ununterbrochen steigende Preise - befeuert durch eingeschränkte Verfügbarkeit und den anhaltenden Produktionsrückgang in China. So liegt der Preis für MAP mit Lieferziel Brasilien derzeit bei 730 US-Dollar pro Tonne CAF (bzw. CFR: CAF ist teils eine alternative Schreibweise, Versicherung ist nicht enthalten); in Argentinien schwanken die Preise zwischen 755 und 765 US-Dollar. In Indien überschreitet DAP bereits die Marke von 780 US-Dollar und nähert sich der 800-Dollar-Grenze, obwohl die Herstellungskosten deutlich darunterliegen.

Auch in Südostasien, insbesondere in Thailand und Indonesien, ist eine Beschleunigung der Einfuhren zu beobachten: Seit Jahresbeginn wurden insgesamt 100.181 Tonnen importiert - im Vergleich zu nur 22.262 Tonnen im Vorjahr. Hauptlieferant ist das marokkanische Unternehmen OCP (Office Chérifien des Phosphates), das allein 56.710 Tonnen in diese Region exportierte.

Beobachter rechnen mit einer weiteren Preissteigerung, getrieben durch den wachsenden Bedarf an hochwertigen Düngemitteln. Gleichwohl bleibt die Frage nach deren finanzieller Tragbarkeit für viele Importländer offen.