China-Afrika Kooperation: Chinas Zollbefreiung für Afrika
Am 12. Juni 2025 verkündete China eine ebenso symbolische wie strategische Entscheidung: Die vollständige Abschaffung der Einfuhrzölle auf Produkte aus 53 afrikanischen Staaten, mit denen es diplomatische Beziehungen pflegt. Dieser Schritt ist mehr als ein diplomatisches Entgegenkommen - er zeugt von einem klaren Bestreben, die bislang unausgewogenen Handelsbeziehungen zugunsten Pekings neu auszutarieren.
Für Marokko eröffnet sich dadurch eine bedeutende wirtschaftliche Perspektive. Dank seiner fortschreitenden Industrialisierung, einer diversifizierten Exportbasis sowie modernster logistischer Infrastruktur - etwa dem Hafen Tanger Med - ist das Königreich hervorragend positioniert, um von dieser Öffnung zu profitieren. Produkte wie Zitrusfrüchte, Beeren, Arganöl, Meereserzeugnisse, Fahrzeugkomponenten, Textilien oder Phosphatprodukte erhalten nun leichteren Zugang zum chinesischen Markt.
Doch der Markteintritt allein garantiert keinen Erfolg: Die Herausforderung liegt in der Einhaltung hoher Qualitäts-, Rückverfolgbarkeits- und Hygienestandards. Der chinesische Markt verlangt Authentizität, Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit. Für marokkanische Exporteure bedeutet dies, nicht nur ökonomisch, sondern auch strategisch zu agieren - mit hochwertigen Erzeugnissen und einer klaren Markenidentität.
Die Maßnahme ist Teil des umfassenderen Rahmens des Forums für die chinesisch-afrikanische Kooperation (FOCAC), dem zentralen politischen und wirtschaftlichen Dialogforum zwischen China und Afrika. Seit seiner Gründung im Jahr 2000 wurden zahlreiche mehrjährige Aktionspläne verabschiedet, zuletzt in Dakar (2021) und Peking (2024). Dort bekräftigten die Teilnehmer zentrale Prioritäten: den Abbau von Handelshemmnissen, die Förderung lokaler Industrien, die Einbindung Afrikas in globale Wertschöpfungsketten, den Ausbau der Zolllogistik und die Unterstützung des grenzüberschreitenden E-Commerce. Zudem kündigte China sogenannte „grüne Korridore“ für den Export landwirtschaftlicher Erzeugnisse an sowie Maßnahmen zur Qualifizierung afrikanischer Produzenten und zur Vereinfachung von Produktzertifizierungen.
Marokko, das 2016 ein strategisches Partnerschaftsabkommen mit China unterzeichnete und Teil der „Belt and Road“-Initiative ist, gehört zu den afrikanischen Staaten, die am stärksten von dieser vertieften Zusammenarbeit profitieren könnten. Der FOCAC wird somit zu einem Instrument wirtschaftlicher Diplomatie im Sinne einer wettbewerbsfähigeren afrikanischen Wirtschaft.
Auch geopolitisch ist diese Entscheidung von Bedeutung. China positioniert sich als enger Partner Afrikas und kontert damit die traditionell vorsichtige, oft konditionierte und zurückhaltende Afrika-Politik der USA. Der Abbau der Zölle ist somit ein hochpolitischer Akt, der China als offenen, investitionsfreudigen und unterstützenden Partner darstellt - in klarer Abgrenzung zu westlichen Strategien.
Für Marokko, das sowohl mit dem Westen als auch mit China strategische Beziehungen unterhält, ergibt sich daraus eine Vermittlerrolle - vorausgesetzt, es bewahrt seine souveräne Entwicklungsperspektive.
Die chinesische Öffnung markiert einen historischen Wendepunkt. Für Marokko ist jetzt der Moment, seine wirtschaftlichen Prioritäten neu zu ordnen, strategische Branchen zu stärken und seine internationale Wettbewerbsfähigkeit auszubauen. Diese Chance verlangt mehr als nur wirtschaftliche Bereitschaft - sie erfordert Mut zur Neuausrichtung, institutionelle Koordination und Innovationsförderung.
In einer zunehmend multipolaren Welt gilt es für Afrika - und insbesondere für Marokko -, diese Öffnung mit Weitblick, Struktur und Ehrgeiz zu nutzen.