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von marokko-erfahren. veröffentlicht in Literatur, Erzählungen & Portraits 

Am Jbel-Sarhro treffen wir auf gemeinsames Interesse für Felsgravuren

  • Am Jbel-Sarhro treffen wir auf gemeinsames Interesse für Felsgravuren

    In N’Kob [Zentralatlas zählt ca. 4.000 Einwohner, auf der Südseite des Jbel-Sarhro-Gebirgszugs, Provinz Zagora, Region Drâa-Tafilalet] kommen wir in einem Café ins Gespräch mit Hammou Maarir, einem Guide der Region. Er erkundigt sich nach unseren Plänen und lässt sich die Ziele zeigen, die wir uns ansehen möchten. Schnell kristallisiert sich ein gemeinsames Interesse an Felsgravuren heraus. Hammou zeigt uns einige uns noch unbekannte Regionen, in denen er Gravuren kennt. Sehr genau lokalisiert er sie auf unserem Navi. [Bild:  Hammou und Barbara].

  • Hammou ist als Nomade im Jbel Sarhro aufgewachsen

    Aus Liebe zu seiner Heimat entscheidet er sich, in Agadir an der Uni Ibn Zhor Geschichte und Geografie zu studieren. Seit 2002 führt er als Guide Berg- und Wüstentouren. Da er selbst das Nomadenleben kennt, arbeitet er eng mit vielen Familien seiner Heimat zusammen, lässt Touristen dort auf Wanderungen übernachten. [Bild: Blick auf N'Kob im Abendlicht].

  • Gastfamilien mit benötigtem Material entlohnen

    Mit gut nachvollziehbaren Argumenten erklärt er, dass er diese Gastfamilien nicht mit Geld, sondern mit benötigtem Material entlohnt. Geld, so meint Hammou fördert das Konsumverhalten, oft wird Unnötiges erstanden. Bringt er jedoch Eimer, Decken, Pfosten für den Zeltbahnen oder andere benötigte Dinge als Gegenleistung für die Beherbergung mit, ist so den Nomaden langfristig mehr geholfen. [Bild: Blick auf N'Kob].

  • Fundstellen von Felsgravuren

    Wir kommen auf die Problematik zu sprechen, ob es in unseren Reiseführer-Landkarten sinnvoll ist, Fundstellen von Felsgravuren zu veröffentlichen. Oft haben wir bereits überkritzelte Gravuren gesehen, Abbruchstellen, an denen offenbar Steine abtransportiert wurden. Andererseits sind diese Jahrtausende alten Funde auch ein Magnet für Touristen, die die Region dringend benötigt. [Bild: Spiralen].

  • Felsgravuren: Erkennen des historischen Wertes

    Auch darüber hat sich Hammou Gedanken gemacht. Er ist der Meinung, dass diese Gravuren nicht von Touristen zerstört werden. Sie erzählen im Ort von ihren Funden. Einheimische, die oft nicht über die Bildung verfügen, den historischen Wert zu erkennen, spüren dadurch das Interesse der Besucher. Ihre finanzielle Not ist groß, oft wissen die Menschen kaum, wie sie ihre Familien am nächsten Tag satt bekommen können. Nachvollziehbar, wenn auch kurzsichtig gedacht, ist daher der nicht seltene Versuch, Dinge von Wert zu bergen und zu Geld zu machen. Als weitere Gründe nennt er die Intoleranz von Islamisten, die jegliche Abbildung anderer Kulturen ablehnen, sowie Kritzeleien unwissender Kinder. [Bild: Feslgravur Löwe].

  • Zerstörte Gravuren nahe einer Straße

    Wir erleben es hautnah bei einer Rundfahrt mit Hammou, der uns in der Umgebung von N’Kob Gravuren zeigen möchte. Er steht ratlos da, mehrfach telefoniert er mit einem Freund, läuft fast verzweifelt in großen Kreisen suchend umher, bis er schließlich aufgibt. Am nächsten Abend erzählt er uns, dass die Steine abtransportiert wurden...

    Auch wir entdecken einige Tage später zerstörte Gravuren nahe einer Straße, offensichtlich als Folge eines unsachgemäßen Bergungsversuchs. [Bild: Zerstörte Feslgravuren]. Siehe auch "Felsgravuren bei N-Kob durch Menschenhand zerstört"

  • Überlegungen, Felsgravuren zu schützen

    Gemeinsam mit Hammou erörtern wir Möglichkeiten, wie sie zu schützen wären. Einem Vorschlag von ihm, Gravuren behutsam zu bergen, um sie in einem Museum auszustellen, können wir schwer beipflichten. Gehört nicht die authentische Umgebung dazu, um sich ein Bild von der vor tausenden von Jahren entstandenen Kunst zu machen? Und sind nicht gerade die Gravuren an ihrer Originalstelle ein Publikumsmagnet, nicht zuletzt auch ein Verdienst-Faktor, um örtlichen Guides Arbeit zu verschaffen? [Bild: Feslgravuren: oberes Tier unbekannt, darunter ein Rhinozeross und Vogelstrauss].

  • Schutzmaßnahme sind nicht überall praktikabel

    Eine weitere Schutzmaßnahme - sicher nicht überall praktikabel - ist der Einsatz von Wächtern vor Ort. Sie erhalten neben ihrem offiziellen Lohn ein kleines Entgelt bei einer Besichtigung und haben ein Auge auf die Gravuren. Wir haben sogar Plätze kennen gelernt, an denen Wächter vor Ort schlafen, so dass niemand unbemerkt etwas entfernen kann.

    Mit unserer Arbeit können wir durch die Bekanntmachung der Fundstellen in Europa dazu beitragen, Felskunst zu schützen. Erst durch unregelmäßigen Besuch von Touristen werden potentielle Täter bei ihrer Arbeit gestört. Die Wertschätzung und damit das Interesse der Bevölkerung am Schutz dieser Punkte steigt. [Bild: Feslgravur Spiralen].

    Dieser Gedanke ist auch der Grund für Alain Rodriguez, Professor der Prähistorie und führender Spezialist der marokkanischen Felskunst, unser Projekt zu unterstützen. Zu oft hat er selbst bei seinen Forschungen bereits vor nicht mehr vollständig vorhandenen Fundstellen gestanden. [Bild: Felsgravur Spiralen].

  • N’Kob: Staunen über zahlreich gut erhaltene Kasbahs

    Da Hammou seine Heimat liebt und gern bereit ist, diese Leidenschaft auch weiterzugeben, kommen wir auf das nächste Thema zu sprechen, das uns schon eine Weile beschäftigt.

    In N’Kob staunen wir über die zahlreichen, meist sehr gut erhaltenen Kasbahs, während wir im Dades- und Drâatal - der berühmten "Straße der Kasbahs" - eigentlich nur noch vor Ruinen standen. In der arabischen Sprache steht das Wort Kasbah für Wohnhaus, während die korrekte Bezeichnung in der Sprache der Imazighen Tighremt heißt.

    Hammou erklärt, dass in N’Kob die Gemeinde sehr bemüht ist, den Erhalt der Kasbahs zu fördern, begründet den Verfall in anderen Gegenden mit einem Generationswechsel. [Bild: Bildmitte Kasbah von Hammou Maarir].

  • Eine Kasbah muss regelmäßig gepflegt werden

    Eine Kasbah muss regelmäßig gepflegt und nach Regenfällen sorgfältig ausgebessert werden. Früher lebten Großfamilien in den Gebäuden, jeder trug zur Pflege das bei, was er leisten konnte. Heute gibt es diese Familienverbände immer seltener, jüngere Familienmitglieder wandern in Städte ab, um Arbeit zu suchen. Verheiratete Paare möchten für sich leben, bauen sich ein „modernes“ Haus aus Beton und Ziegeln. Das ist wenig pflegeintensiv und bietet mehr Komfort - wie Strom und Wasserleitungen. [Bild: Aufgegebene Kasbah Neubau rechts daneben].

  • Es gibt leider kaum dokumentierte Kasbahs

    Die verbleibenden älteren Menschen sind weder körperlich noch finanziell in der Lage, eine Kasbah auf Dauer zu erhalten. Erschwerend kommt hinzu, dass es in der Kultur der Berber keine Dokumente über die Gebäude gibt. So verfällt historisch wertvolles Kulturgut, da kaum noch Überlebende den Originalzustand einer Kasbah kennen. [Bild: Aufgegebene Kasbah im Draatal].

  • Ist der Verfall trotz Unterstützung vorprogrammiert

    Auch wenn der marokkanische Denkmalschutz, die CERKAS, Gelder zur Restaurierung bereithält, ist dafür die Zustimmung aller Familienmitglieder notwendig. Wenn diese weit verstreut leben und nur einer von ihnen kein Interesse signalisiert, ist der Verfall trotz vorhandener finanzieller Unterstützung vorprogrammiert. [Bild: Verlassene Kasbah bei Skoura].